Marrakesch ist geheimnisvoll, magisch – und sehr, sehr laut. Trotzdem findet man im Strassengewirr der Altstadt kleine Oasen der Ruhe: Riads, marokkanische Stadtvillen, mit kühlen grünen Innenhöfen und plätschernden Springbrunnen. Hier sind die zwölf luxuriösesten.
Marrakesch – Ein altes Holztor öffnet sich knarzend, ein Springbrunnen plätschert, Vögel zwitschern – das sind die einzigen Geräusche, die einen umfangen, sobald man im unüberschaubaren Gassengewirr der Medina von Marrakesch einen der kühlen Innenhöfe eines Riads betritt.
Der enervierende Soundtrack der Stadt ist nur noch von weitem wahrnehmbar, wird gedämpft durch hohe Mauern, Zitrusbäume und bunte Bougainvillen. Das Angebot an Riads und Dars (siehe Kasten links) rund um den zentralen Platz Jamaa El Fna ist riesig. Riad bezeichnet dabei eine Stadtvilla mit eingeschlossenem Garten (arabisch riyad), viele der alten Bauwerke werden mittlerweile als Hotel genutzt.
Rund 19.000 Häuser und Grundstücke sollen in den letzten zehn Jahren von Ausländern gekauft und renoviert worden sein. 900 Riads soll es in Marrakeschs Medina geben, manche sprechen sogar von knapp 1500. Ein Aufenthalt in einer der typischen Stadtvillen Marrakeschs ist schon bezaubernd genug. Wer dabei nicht auf Aspekte wie Luxus, Design und Fünf-Sterne-Service verzichten will, findet hier seinen ganz persönlichen Garten Eden.
Riad El Fenn – Das Coole
Vor zehn Jahren eröffnete Vanessa Branson (Ja, Richards Schwester) das Riad El Fenn. Der Name bedeutet “cool” oder “hip”, und das ist dieses Riad, das zuvor der Branson-Familie als privater Rückzugsort diente. Moderne Kunst mischt sich mit orientalischem Kunsthandwerk und filigranen Mosaiken.
Die Musikauswahl in den Zimmern enthält neben algerischen Rai-Sängern auch Madonna-CDs, und wenn man Glück hat, kann man Mitglieder von Pink Floyd bei einem Mini-Privatkonzert oder im privaten Kinoraum erwischen. Da Frau Branson das alljährliche AiM (Arts in Marrakesh)-Festival gegründet hat, ist das Riad El Fenn auch das Hauptquartier der Kunstschau.
Auch über das Jahr verteilt kann man hier an Kursen zu Themen wie Zeichnen, Fotografieren und Kreatives Schreiben teilnehmen. Sonnenhüte auf der Liege, Rosenblüten in den Bassins, Organic Food im Restaurant, Marmorbadewannen, Schildkröten als Kuscheltiere – wenn das nicht cool ist.
Riad El Fenn: Derb Moullay Abdullah Ben Hezzian, Bab el Ksour, Medina, www.el-fenn.com
Riad El Cadi – Das Kunstvolle
Gleich acht Gebäude vereint das Riad Cadi hinter seinen kühlen Mauern. Ein Labyrinth aus fünf Innenhöfen, Nischen, Alkoven, 15 Zimmern und kleinen Balkonen lässt das El Cadi wie ein Dorf im Dorf wirken.
Das 450 Jahre alte Gebäude wurde vom Kunstsammler und ehemaligen Botschafter in Marokko, Herwig Bartels, liebevoll mit islamischer und byzantinischer Kunst und marokkanischem Berber-Kunsthandwerk ausgestattet.
So findet man in den Häusern aus dem 14. Jahrhundert zahlreiche anatolische Kelims, osmanische Stickereien, antike Holzreliefs aus Fes, asiatische Möbel oder rustikale Keramik aus Marokko.
Riad El Cadi, 87 Derb Moulay Abdelkader, Dabachi, Medina, www.riyadelcadi.com
Riad Farnatchi – Die Nummer Eins
Der Condé Nast Traveller kürte das Farnatchi 2011 zum “Best Luxury Riad”, Harper’s Bazaar hält es für den “ultimate Hideaway”. Es gilt inoffiziell als die Nummer Eins unter Marrakeschs Luxus-Riads.
Die mehr als 500 Jahre alten Gebäude bestehen aus fünf miteinander verbundenen Riads, die der britische Hotelier Jonathan Wix in ein 5-Sterne Boutique-Hotel verwandelt hat.
Schwarz-weiße Kontraste, moderne Kunst und dunkle, wuchtige Holzmöbel aus Marokko dominieren die Inneneinrichtung. In den Bädern kann man den Staub der Medina in schwarzen Marmorbadewannen im Philippe Starck-Design mit Luxuskörperpflege von Molton Browne wieder abwaschen.
Riad Farnatchi, 2 Derb el Farnatchi, Rue Souk el Fassis, Qua’at Ben Ahid, www.riadfarnatchi.com
Riad Kaïss – Das Elegante

Ende des 19. Jahrhunderts baute ein Minister des Sultans von Marrakesch diesen Stadtpalast. Er ließ sich dabei von Pariser Prachtbauten inspirieren. Das Ergebnis ist ein orientalischer Märchenpalast mit einem Schuss Fin de Siècle-Dekadenz, das vom legendären französischen Hotelarchitekten Christian Ferré noch weiter veredelt wurde.
Entsprechend gilt das Kaïss als eines der erlesensten und elegantesten Riads der Stadt. Wer von üppigem arabischem Design nicht genug bekommen kann, ist hier genau richtig: großzügige Ornamentik prägt den Look, überall Ranken, Schnörkel und Arabesken. Mit privaten Chauffeuren und Reiseleitern kann man seinen Aufenthalt in Marrakesch besonders exklusiv gestalten.
Riad Kaïss: 65 Derb Jdid, Riad Zitoun Kedim, Medina, www.riadkaiss.com
Riad El Mezouar – Das Königliche
Seit ihrer Erbauung in der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs befanden sich die zwei gegenüber liegenden Gebäude noch im Besitz der königlichen Familie Alaoui.
Die Arkadengänge umrahmen den Swimming Pool gleich auf allen vier Seiten – einmalig unter den historischen Luxus-Riads Marrakeschs. Das im arabisch-andalusischen Stil gehaltene Haus hat auf sympathische Weise Patina angesetzt.
Zahlreiche Kunstobjekte und Souvenirs aus Asien haben die Eigentümer des Mezouar hier zusammengetragen. Entsprechend beschreibt der Besitzer das Haus liebevoll als “liebenswürdige, alte Dame, der man behutsam helfen muss.”
Riyad El Mezouar, 28 Derb el Hammam, Medina, www.mezouar.com
La Maison Arabe – das Prominente
Mit dem italienischen Adeligen Fabrizio Ruspoli fing alles an. Als er das “Maison Arabe” nach dreijährigen Renovierungsarbeiten 1998 eröffnete, war es das beste Riad der Stadt – denn es war das einzige, das als Hotel genutzt wurde.
Das Haus hat Geschichte: im ältesten Teil des Gebäudes, das 1946 als erstes Restaurant für Ausländer eröffnet wurde, hatte Winston Churchill seinen Stammplatz. Und auch Charles de Gaulle und Jackie Kennedy haben hier gespeist.
Heute findet man 26 Zimmer gruppiert um einen großen Swimmingpool. Der marokkanische Stil wird immer wieder gemischt mit Wandteppichen aus Rajastan oder schweren chinesischen Holztoren, einfach um die “Tyrannei Marokkos” im Design zu brechen, so der Eigentümer.
Wer etwas Bewegung im Grünen schätzt, kann den Privatgarten im Palmeraie-Viertel nutzen, den ein 15-minütiger Shuttleservice mit dem Raid/Hotel verbindet. Auch das Restaurant und die Koch-Workshops sind sehr beliebt.
La Maison Arabe, 1, Derb Assehbé, Bab Doukkala, Medina, www.lamaisonarabe.com
Dar Les Cigognes – Das Koloniale
Gleich gegenüber vom königlichen Palast Badii Palace liegt das 450 Jahre alte “Dar les Cigognes”. Die amerikanischen Besitzer Eben Lenderking und seine Frau Tanja haben die Umgestaltung des Hauses dem renommierten tunesischen Architekten Charles Boccara überlassen. Seine Aufgabe: dem Haus einen kolonialen Luxustouch zu geben.
Das kann man in den 11 Zimmern deutlich spüren, silberne Arabesken und rote Samtsessel prägen den Look in der Suite, den sieben Deluxe-Zimmern und den drei Superior-Zimmern.
Auch für Ornithologen interessant: Von der weitläufigen Dachterrasse aus hat man einen wunderbaren Blick auf die Storchennester auf den Dächern und Mauern des königlichen Palastes.
Dar Les Cigognes, 108 Rue de Berima, Medina, www.lescigognes.com
Riad Meriem – Der Tanzclub
Auf den ersten Blick empfängt einen das Meriem wie die meisten seiner Mitbewerber: mit einem kühlen Innenhof voller Zitrusbäume und Springbrunnen. Was irritiert, sind die Hip-Hop-Sounds, die durch den Garten wehen.
Der Club-Appeal setzt sich teilweise auch in den Zimmern fort: im Zimmer namens “Star” sorgen hunderte kleiner Lichtpunkte für Discoatmosphäre.
Kein Wunder: Das Meriem ist die Visitenkarte des hippen New Yorker Designers Thomas Hays. Fünf Räume (Star, Matisse, Ivory, Red, Aubergine) hat er nach seinen Vorstellungen gestaltet und dabei jedem einen unverwechselbaren orientalisch-modernen Mix verpasst. “Ein Riad, so cool wie ein Tanzclub”, meinte ein Gast. Das Haus kann auch komplett gemietet werden.
Riad Meriem, Derb el Qadi 97, Medina, www.riadmeriem.com
Riad Kniza – Das Marokkanische
Nachdem in den vergangenen Jahren Hunderte von Riads von Ausländern gekauft wurden, ist ein Riad in marokkanischer Hand schon fast eine Seltenheit.
In diesem Riad ist der einheimische Eigentümer Attraktion, einmal abgesehen von den sieben geschmackvoll eingerichteten Zimmern voller Satin und Samt: Mohammed Bouskri ist eine Legende.
35 Jahre war er Fremdenführer und zählte so berühmte Stars wie Brad Pitt und Tom Cruise zu seinen Kunden. Wenn man mit ihm und einer Tasse Pfefferminztee auf der Dachterrasse des Kniza sitzt, vergisst man schnell den Trubel um sich herum.
Riad Kniza – 34 Derb l’Hotel, Bab Doukala, www.riadkniza.com
Riad Monceau – Das Maurische
Dieses Luxus-Riad im maurisch-andalusischen Stil wurde in diesem Jahr in die Top 25-Liste des Trip Advisor’s Traveller’s Choice aufgenommen. Und das wahrscheinlich nicht nur wegen der exquisiten Wandbespannungen der berühmten französischen Tapetenkünstlerin Isabelle Aubry, der Besitzerin dieses Schmuckstücks aus dem 18. Jahrhundert, das im Jahr 2002 zu einem luxuriösen Boutique-Hotel umgebaut wurde.
Gäste schätzen vor allem die Badezimmer, die teilweise von fünf Meter hohen Kuppeln überspannt werden, dem unvergleichlichen Blick auf die Koutoubia-Moschee und das in der ganzen Stadt als Gourmet-Treffpunkt bekannte Restaurant Monceau.
Riad Monceau, 7/8 Derb Chaabane, Rue Riad Zitoun el Kdim, www.riad-monceau.com
Riad Dar Darma – Das Extravagante
Nur vier Suiten und zwei Apartments, doch die haben es in sich, was das üppige Dekor dieses Anwesens aus dem 17. Jahrhundert angeht. Rot, grau und braun lackierte Tadelaktwände, Samt und Seide, ein goldenes Badezimmer und 300 Jahre alte Orientteppiche – man würde sich nicht wundern, wenn einer davon einen forttragen würde, hinüber zum Königlichen Palast, auf dem Kalif Storch sein Nest aufgeschlagen hat.
Viele Gäste empfinden die dunkle, gedämpfte Atmosphäre als sehr sinnlich und dramatisch, manche nennen es “wonderfully over-the-top” oder extravagant und surreal. “Arabian Nights Meets La Dolce Vita”.
Riad Dar Darma, 11/12, Trik Sidi Bohuarba, www.dardarma.com
La Sultana Marrakesh – Das Orientalische
Wohl schon eher ein orientalischer Palast als ein klassisches Riad, der zeigt, welche Pracht und Schönheit sich hinter den vielen schweren Holztoren in der Medina verbergen kann. Das La Sultana besteht zwar auch aus drei zusammengelegten Riads, doch die luxuriöse Ausstattung der 28 Zimmer und Suiten ist so großzügig und elegant wie in einem Fünf-Sterne-Hotel, und dazu authentisch marokkanisch – die Historic Buildings Commission überwachte die sensiblen Umbauarbeiten.
Der beheizte Swimmingpool im zentralen Riad namens “Almohade” ist schon sehr verlockend, doch vor allem die römischen Thermen aus rosafarbenem Marmor aus Agadir ziehen auch Spa-Freunde von außerhalb an. Sie gelten als eine der besten Wellness-Adressen der Stadt.
La Sultana, 403 Rue de la Kasbah, www.lasultanahotels.com
Erschienen auf manager magazin online, 11.10.2103:
http://www.manager-magazin.de/lifestyle/reise/reisebericht-marrakesch-die-schoensten-riads-a-924701.html
Eine liebevoll zusammengestellte Sammlung besonders schöner Riads, die ich gerne um einen Punkt ergänzen möchte: Das El Fenn ist nicht nur hip und arty, sondern gilt auch als gay friendly und offen/respektvoll gegenüber homosexuellen Gästen. Diese Offenheit ist leider nicht in allen der heute etwa 1200 Riads und Hotels in Marrakesch selbstverständlich, obgleich es in der Stadt wohl die vitalste Schwulenszene Marokkos gibt. Hier findet man weitere Riads, die gay friendly sind.